Nach vielen Nächten in einem Keller in der Ostukraine und einer Woche schier endlos wirkender Flucht Richtung Westen sind sie bei Verwandten in Offenbach angekommen. Hier war erst einmal die Flucht zu Ende und alle richteten sich so gut es ging im Wohnzimmer ihrer verwandten Familie ein.
Neun Personen, die unbedingt zusammen bleiben wollten. Nicht getrennt nach dem langen gemeinsamen Weg. In der kleinen Wohnung in Offenbach war das nicht lange zu bewerkstelligen. So kam die Frage an uns, ob wir bereit wären, 9 Personen im Naturfreundehaus Hochstadt aufzunehmen. Die Herausforderung ist, dass wir einige gebuchte Familienfeste haben und unser Vereinsleben nach Corona endlich wieder Fahrt aufnehmen soll.
Trotzdem haben wir uns daran gemacht, unser kleines Haus so zu gestalten, dass wir einen Aufenthaltsraum für die geflüchteten Gäste aus der Ukraine und drei Mehrbettzimmer mit Sanitäreinrichtung abgeben konnten. Wir hatten in den ersten Tagen nach Ankunft bei uns überwältigende Unterstützung. Spenden aller Art erreichten die ukrainischen Gäste. So waren sie innerhalb einer Woche alle mit Fahrrädern ausgestattet und konnten ihren Bewegungsradius ausdehnen in unsere schönen Weinberge, in die Nachbargemeinden und zu gelegentlichen Treffen mit anderen Geflüchteten. Sie bekamen ein Laptop geschenkt und können so ihre Kontakte einigermaßen pflegen. Und natürlich Nachrichten aus der Heimat erhalten. Es bedeutet Aufwand, im Naturfreundehaus zum einen Dauergäste zu haben, zum anderen das Vereinsleben weiter aktiv zu gestalten in dem dafür reservierten Raum. Darüber hinaus muss Vermietung möglich gemacht werden. Mit dankbaren Gästen und verständnisvollen Vereinsmitgliedern ist das möglich. Rücksichtname ist angesagt. Es ist mit einigen Personen, die russisch und ukrainisch sprechen möglich, die Konversation zu meistern. Unsere jüngeren Gäste sprechen ganz gut Englisch, und so entsteht langsam ein Kontakt, der Vertrauen schafft und Ängste abbaut. Es ist ja völlig unklar, wie lange unsere Gäste bleiben werden. Ich mache die Erfahrung, dass etwas Ruhe bei Ihnen einkehrt, dass sie sich aufgehoben fühlen und sie selbständig ihren Alltag organisieren. So können wir es noch eine ganze Zeit miteinander aushalten.
Wir möchten andere Ortsgruppen mit Naturfreundehäusern auch dazu ermutigen Flüchtlinge aufzunehmen. Wir machen gute Erfahrungen und kommen gut klar. Es ist ein Engagement, dass nicht nur Freude schenkt und viele Vereinsmitglieder wieder aktiviert, sondern auch ganz im Naturfreundlichen Kontext steht. Herzliche Grüße aus Hochstadt hinaus ins Land.
Christel Pionczyk-Strauss
Vorsitzende
Naturfreunde Hochstadt e.V.